Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Leichte Sprache im Arbeitsleben“ (LeiSA) der Universität Leipzig hat sich mehr als drei Jahre lang mit dieser Thematik befasst und nun an der Leichten Sprache Kritik geübt. Linguistinnen des Forschungsprojekts untersuchten, wie verständlich Leichte Sprache wirklich ist, ob Texte durch die derzeitigen Regeln tatsächlich leichter lesbar und besser verständlich sind und ob sie die Teilhabechancen im Arbeitsleben verbessern.
„Im Ergebnis bewerteten sie die bisherigen Regeln Leichter Sprache insgesamt eher kritisch“
Pressemitteilung der Universität Leipzig
Die Wissenschaftlerinnen fordern in ihrer Kritik an der Leichten Sprache mehr Flexibilität. Sie stellen fest:
Ein Text muss zum Leser passen, er muss die Funktion des Textes, seinen Zweck, deutlich machen, dem Inhalt gerecht werden, zur Lesesituation und eventuell auch zum Sender des Textes passen.
Leipziger Forschungsteam
Starre Regeln für die Leichte Sprache
Uwe Roth hat bereits an anderer Stelle angemerkt, dass er mit den starren Regeln der Leichten Sprache seine Probleme hat. Die Erkenntnis der Wissenschaftlerinnen (siehe Zitat) sind deckungsgleich mit seinem Verständnis der Einfachen Sprache. Als Journalist gibt er seinen Texten eine journalistische Qualität.
Pressemitteilung der Universität Leipzig Broschüre der Universität Leipzig online
Die Forscherinnen sehen war die Leichte Sprache in der Kritik, doch sie lehnen das Prinzip des verständlichen Schreibens nicht ab. Im Gegenteil. Sie plädieren dafür, noch individueller auf Menschen mit einer Lese- und Schreibschwäche einzugehen. In den Medien stößt man aber auch auf die komplette Ablehnung der Leichten Sprache. Dies war zuletzt vor der vergangenen Bundestagswahl so, als die Parteien und die Bundeszentrale für politische Bildung zahlreiche Texte in Leichter Sprache veröffentlichten.
DIN 33429 SPEC Leichte Sprache: Seit Februar 2020 entsteht beim Deutschen Institut für Normung (DIN) ein Regelwerk für die Leichte Sprache. Initiator ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Regelwerken, von denen aber keines eine offizielle Anerkennung hat. Obwohl der Gesetzgeber im Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (2002) und im Gesetz zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (2016) an wenigen Stellen den Begriff Leichte Sprache verwendet, hat er auf eine Definition verzichtet. Das soll nun nachgeholt werden. Ich arbeite in der Arbeitsgruppe „Sprachliche Anforderungen“ mit.
Akademiker verstehen das Prinzip der verständlichen Sprachform nicht
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) sprach von „Nachrichten im Kinderbuch-Stil“, Die ZEIT schrieb über eine „schmutzig-unkorrekte Sprache“ und stellt fest, Sprache sei nun mal schwierig. Deutschlehrern wird unterstellt, sich zu wenig Mühe zu machen mit der Vermittlung sprachlicher Fähigkeiten. Würden sie ihre Arbeit besser machen, sei Leichte Sprache ja schließlich nicht mehr erforderlich. Generell scheinen Akademiker ein Problem damit zu haben, Abweichung vom Textstil der FAZ zu akzeptieren. Aber auch manche Wissenschaftler, die sich mit der Leichten Sprache beschäftigen eine bisweilen arrogante Distanz zu ihrem Forschungsgegenstand.
Ich habe mir 2016, kurz nach Erscheinen, den Duden-Ratgeber „Leichte Sprache“ gekauft. Diesen wollte ich im Unterricht und in meinen Workshops einsetzen. Schließlich kann diese Duden-Ausgabe als Beweis für die Wichtigkeit der Leichten Sprache betrachtet werden.
Ich habe eigentlich kein Problem mit schwerer Sprache
Als Journalist bin ich es gewöhnt, schwere Sprache zu verstehen. Doch selbst ich verstehe diesen Ratgeber nicht. Es ist ein Ratgeber über die Leichte Sprache, der in sehr schwerer Sprache geschrieben ist. Wem nützt das? Mir jedenfalls nicht.
Ehrlich gesagt, ich war richtig empört über diesen Duden. Was nützt er, wenn er von denjenigen nicht genutzt werden kann, die Texte in Leichter Sprache verfassen wollen? Die meisten Übersetzerinnen und Übersetzer haben nicht Germanistik studiert. Ich bin überzeugt, diejenigen, die mit ihrem elaborierten Code solche Duden-Texte verstehen, werden niemals in ihrer Arbeit die Leichte Sprache anwenden.
Wissenschaftliche Zitate über Leichte Sprache
… Leichte Sprache wird einerseits als dysfunktional dargestellt, andererseits sieht man in ihr ein Zeichen des Sprachverfalls.
Sie wird von den Lesern häufig als „restringierter Code“ sowie „als abweichend von mit hohem Prestige verknüpften Sprachformen wahrgenommen“ und verstößt gegen ein „gewisses normatives Bildungs- und Sprachideal, das der Wertung zugrunde liegt und verteidigt werden soll“.
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