Nach meiner Beobachtung wird die Einfache Sprache erst ernst genommen, seit die Flüchtlinge ins Land kommen. Zumindest so einigermaßen. Deutsch lernen mit Einfacher Sprache, das ist auch ein guter Ansatz. Es ist unsinnig, Migranten in den Deutschunterricht zu schicken und ihnen weiterhin wichtige Informationen in Englisch oder Arabisch zur Verfügung zu stellen.
Das motiviert kaum, sich mit einer neuen Sprache zu beschäftigen. Ich habe eine Zeit in Brüssel gearbeitet. Deutsch ist die dritte Amtssprache Belgiens. Daher habe ich mich nie mit Flämisch beschäftigt. Dabei wurde in dem Stadtteil, in dem ich wohnte, diese Sprache gesprochen.
Leichte Sprache als „humane Geste“
Bis 2015 war die Leichte Sprache und erst recht die Einfache Sprache (Wo ist der Unterschied?) ein reines Nischenthema. Auch das Behindertengleichstellungsgesetz und das Bundesteilhabegesetz haben wenig daran geändert.
Es klingt hart: Leichte Sprache für Menschen mit einer geistigen Behinderung wird überwiegend als eine humane Geste betrachtet und nicht als Notwendigkeit.
Die Leser können meiner Einschätzung gerne etwas entgegensetzen. Aber in meiner Umgebung folgt kein/e Politiker/in oder Führungskraft einer Verwaltung dem Thema barrierefreie Kommunikation mit Herzblut.
Einfache Sprache als Helfer für die Integration
Bei Flüchtlingen ist es anders: Um die Menschen möglichst schnell zu integrieren, ist Einfache Sprache hilfreich. Je schneller sie Deutsch verstehen, umso schneller stehen sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Mein Artikel zum Thema Flüchtlinge archiviert auf journalistroth.eu.
Das bringt der Gesellschaft finanzielle Vorteile. Aber auch hier läuft es mit der Einfachen Sprache als Helfer für die Integration noch lange nicht rund.
In meine Workshops kommen haupt- und ehrenamtliche Integrationshelfer. Sie berichten mir, dass die Kurse Deutsch als Fremdsprache auf sehr einfachem Niveau beginnen. Für das Level A1 entsprechen die Texte der Leichten Sprache.
Bei Stellenanzeigen steigen Flüchtlinge sprachlich aus
Doch bereits für die Sprachanforderung A2 (Erläuterung siehe Ende des Textes) wachsen im Unterricht die Ansprüche rapide. A2 ist bei den meisten Arbeitgebern die Mindestvoraussetzung, um einen einfachen Job zu bekommen.
Deutsch lernende Migranten müssen Stellenbeschreibungen oder Merkblätter des Jobcenters lesen und verstehen können, um auf einen Job aufmerksam zu werden.
Doch die notwendigen Informationen, insbesondere die Stellenanzeigen, sind in schwerer Sprache geschrieben. Mitarbeiter der Behörde oder Personalabteilungen beherrschen den mündlichen Umgang mit der Einfachen Sprache nicht. Oder Arbeitssuchende bekommen zusätzlich zum Behördenformular in Merkblatt in ihrer Muttersprache in die Hand gedrückt.
Wie weiter oben angesprochen, ist das in meinen Augen kontraproduktiv. Im Unterricht bekommen die Flüchtlinge die vielen schweren Begriffe beigebracht, um schnellstmöglich einen Job zu finden. Doch die Hürde von A1 zu A2 ist vielen zu hoch, und sie scheitern in den Prüfungen.
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Stellenanzeige Produktionshelfer
IHRE AUFGABEN:
- Zuschneiden von Rohbahnen mit der Maschine
- Finishing der gehärteten Serienteile (Schleif- und Spachtelarbeiten)
- Reinigung der Maschinen und Anlagen
IHR PROFIL:
- Handwerkliches Geschick
- Erfahrung in der Serienfertigung
- 3- Schicht Bereitschaft
- Sehr genaues Arbeiten & Qualitätsbewusstsein
- Deutschkenntnisse in Wort & Schrift
WIR BIETEN IHNEN:
- einen langfristigen Einsatz & eine Absicherung durch einen Tarifvertrag nach iGZ
- einen Stundenlohn bis zu 10,58€ (spätestens nach 6 Monaten)
- Überstunden- und Branchenzuschläge
- umfangreiche Sozialleistungen
- Möglichkeit auf Festanstellung beim Kunden
- eine persönliche Betreuung und kompetente Ansprechpartner
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Beschäftigte in Einfacher Sprache informieren
Das heißt folgerichtig: Nicht nur die Empfänger von Informationen müssen dazulernen und fortlaufend ihre Deutschkenntnisse verbessern. Auch Sender von Informationen sollten bereit sein und lernen, sich von Fachsprache zu befreien und ihre Kommunikation verständlicher zu machen. Beide Seiten müssen sich sprachlich aufeinander zubewegen.
Stellenbeschreibungen, Merkblätter, Informationen für Beschäftigte in Einfacher Sprache müssen für bestimmte Zielgruppe Standard werden. Davon profitieren letztlich alle Beschäftigten, deren Lese- und Schreibkompetenz nicht allzu groß sind und die einen Job suchen oder bereits einen gefunden haben. (Interview Leichte Sprache braucht Mut)
In meinen Workshops lernen Sie, Informationen auf der Basis der Einfachen Sprache aufzubereiten. Sie lernen, Fachsprache leicht verständlich zu machen, ohne dass dies wie Idiotensprache klingt. Mein Anspruch ist Einfache Sprache in journalistischer Qualität. Nehmen Sie Kontakt mit mir auf.
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