Die ZDF-Hauptstadt-Korrespondentin Dorthe Ferber ist beim Lesen des Koalitionsvertrags von CDU, SPD und CSU über verwirrende Fachbegriffe, unerklärte Abkürzungen und holprigen Satzbau gestolpert. Koalitionsvertrag unverständlich – mal wieder. So ihr Eindruck.
Sie bat mich (Uwe Roth) um meine Einschätzung, ob es nicht auch verständlicher gegangen wäre. Vielleicht sogar in Einfacher Sprache?
Koalitionsvertrag zum Download
Tatsächlich ist die Präambel recht einfach zu lesen. Sie könnte fast als Einfache Sprache durchgehen. Die Parteien haben sich Mühe gegeben. Vielleicht auch KI bemüht?
Was aus den Arbeitsgruppen kam, war dagegen recht schlimm.
Wie ich gelesen haben, sollen Lobbyisten Textpassagen eingeschleust haben, die dann offensichtlicher keiner mehr so richtig verstanden hat. Aber auch niemand vereinfacht hat.
Siehe auch Tagesschau reagiert gereizt auf Kritik an Einfacher Sprache
Koalitionsvertrag unverständlich – ein Systemfehler
Die Fehler liegen im System: Wenn die Texte aus den Arbeitsgruppen in die große Koalitionsrunde kommen, sind diese mit weiß Gott wem bereits abgestimmt.
Käme der Text anschließend in die Überarbeitung Einfache Sprache, müsste das Ergebnis erneut in die Abstimmungsrunde. Der Text käme sicherlich mit einigen kritischen Anmerkungen und ohne Freigabe zurück.
Denn so deutlich wollen es die Parteien dann doch nicht haben. Eigentlich müsste in jeder Arbeitsgruppe ein/e Beauftragte/r für die Einfache Sprache sitzen und von vornherein bei den Formulierungen behilflich sein.
Einfache Sprache ist eine grundehrliche Sprache und die ist in einem Koalitionsvertrag nicht an jeder Stelle erwünscht. Dabei signalisieren die Parteien im Koalitionsvertrag durchaus ein Bewusstsein für das Problem in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit:
Die Administration von Sozialleistungen ist zu kompliziert. Gerade in schwierigen Lebenslagen haben Bürgerinnen und Bürger andere Sorgen als sich durch die Bürokratie zu quälen. Deshalb werden wir sozialrechtliche Grundlagen, Verfahren und Zuständigkeiten konsequent zusammenführen und vereinfachen und dazu bis Ende 2025 ein Konzept vorstellen.
Eine weitere Fundstelle im Koalitionsvertrag:
Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein. Dazu wollen wir Verwaltungsleistungen digitalisieren und barrierefrei anbieten. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die Menschen und Unternehmen, denen wir als Partner und Ermöglicher begegnen wollen. Dazu braucht es einen Mentalitätswechsel.
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