Die junge Agentur SUMM AI bewirbt offensiv ihr KI-Tool. Das Sprachmodell soll in der Lage sein, Texte in Leichter Sprache zu generieren. Daran ist nichts auszusetzen. Von Werbung und Marketing lebt ein Unternehmen. Dass das beworbene Produkt tatsächlich gut ist, ist nicht automatisch gegeben, wie Verbraucher*innen allgemein wissen. Im jüngsten Post der Agentur auf LinkedIn will SUMM AI anhand des „OZG“-Beispiels (siehe unten) die Leistungsfähigkeit ihrer KI unter Beweis stellen. Ich (Uwe Roth) musste mit einem Kommentar darauf reagieren. Denn ausgerechnet das gewählte Beispiel macht offensichtlich: KI versteht Menschen mit Behinderung nicht.
Das ist bei näherer Betrachtung logisch. Die Leichte Sprache ist eine Sondersprache für Menschen mit einer kognitiven Behinderung. Das ergibt sich aus der DIN SPEC 33429. Menschen mit einer kognitiven Behinderung sind im Schnitt auf dem kognitiven Stand maximal eines Grundschülers. Menschen, die kaum lesen können, schreiben in der Regel keine Texte fürs Internet – auch keine Texte in Leichter Sprache.
Siehe auch Warum DIN SPEC Leichte Sprache gescheitert ist
Menschen mit kognitiver Behinderung schreiben wenig
Insgesamt kommuniziert dieser Menschenkreis selten schriftlich. Menschen ohne eine kognitive Behinderung schreiben für Sie Texte in Leichter Sprache. Ob Textenden mit ihrer Wortwahl richtig liegen, soll oftmals eine Prüfgruppe bestätigen. Ich habe häufig klargemacht, dass Prüfgruppen keine Garantie für Verständlichkeit nach den Regeln der Leichten Sprache sind.
Folglich gibt es aus der Zielgruppe keine authentische Vorlagen, nach denen ein Sprachmodell in der Leichten Sprache trainiert werden könnte. Die Sprachvorgaben kommen von Menschen, die glauben zu wissen, was Menschen mit einer kognitiven Behinderung lesen können und was nicht. Ich nenne das bevormundend.
„Onlinezugangsgesetz“ – Leichte Sprache?
Hier der Werbe-Post der Agentur SUMM AI auf LinkedIn:

Die Sache mit der Sache in Leichter Sprache
Hier mein Kommentar dazu auf LinkedIn:
Was soll das denn sein?
Leichte Sprache – oder das, was die KI dafür hält?
„Onlinezugangsgesetz“ ist für diese Menschengruppe nicht lesbar. Der Begriff ist zu lang. Wie konnte das in der redaktionellen Nachbearbeitung durchrutschen?
Warum viele „Sachen online machen“ und nicht „Vieles online“ machen?
Frei nach dem Motto:
Wer in der Leichten Sprache nicht weiter weiß, nimmt das Wort „Sache“ für jeden Scheiß.
Der Begriff „Sachen“ wird inzwischen sogar in der Leichten Sprache als diskriminierend empfunden.
Was bedeutet denn „Angebote auch im Internet machen“? Das versteht doch keiner.
Was ist der Unterschied zwischen „Antrag stellen“ und „Formular ausfüllen“?
Der- oder diejenige, die das gepostet hat, scheint wenig Ahnung von den eigentlichen Regeln und der Menschengruppe zu haben.
Der KI mache ich keinen Vorwurf. Sie ist nicht empathisch, im Zweifel tut sie nur so.
Siehe auch 15 Lehren aus der Tagesschau in Einfacher Sprache
Schreibe einen Kommentar