Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

DIN Einfache Sprache muss kostenfrei werden

Lesedauer 2 Minuten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine kluge Entscheidung getroffen: Technische Normen, die Bestandteil europäischer Verordnungen und Richtlinien sind, müssen für Unternehmen und Bürger kostenfrei zugänglich sein. Das Urheberrecht, auf das sich die europäischen Normungsorganisationen bislang beriefen, lässt eine Einschränkung nicht zu. So berichtet heise.de am 05.03.2024. Ich leite daraus ab: DIN Einfache Sprache muss kostenfrei werden.

In Deutschland verkauft der Beuth Verlag im Auftrag des Vereins Deutsches Institut für Normung (DIN) die DIN-Werke für teures Geld. Der Anwendungsbereich der DIN 8581-1 Einfache Sprache umfasst sämtliche Gebrauchs- und Informationstexte. Texte in Einfacher Sprache sind zum Beispiel für den sozialen Bereich interessant. Doch auch eine Beratungsstelle mit kleinem Budget müsste für ein DIN-Werk zahlen.

Es stellt sich die Frage, warum eine DIN, die – wie die Einfache Sprache – von öffentlichem Interesse ist, nach ihrer Veröffentlichung in klassischer Buchform für geschätzt 100 Euro gekauft werden müsse. So steht es in einem Kommentar zu einem Beitrag von mir. Ich antwortete, dass die Verwunderung darüber völlig berechtigt sei.

DIN Einfache Sprache muss in Gesetzen auftauchen

Das EuGH bietet Anlass zu der Hoffnung, dass in Deutschland das Urteil aufgegriffen wird. Am schnellsten ginge das, wenn in einem Gesetz, in einer Verordnung oder sonstigen bindenden Vorschrift, die Einfache Sprache nach DIN 8581-1 als Textform verlangt wird.

Beinahe hätte das beim Bürgergeld-Gesetz geklappt. Im Vertrag der Koalition vom 07.12.2021 steht auf Seite 59:

„Die Angebote und Maßnahmen werden im Rahmen einer Teilhabevereinbarung mit den Bürgergeldbeziehenden gemeinsam vereinbart, in einfacher Sprache formuliert und ggf. angepasst.“

Koalitionsvertrag 2021

Das gab Anlass zu hoffen, dass dieser Satz der Einfachen Sprache zum Durchbruch verhilft.

So ist es leider nicht gekommen. Im verabschiedeten Entwurf steht nun, dass die Kommunikation mit den Klient*innen „in klarer und verständlicher Sprache“ passieren muss.

Nun gilt es, auf die Politik Druck auszuüben. Vor allem in Gesetzen, die direkt an die Bürgerschaft adressiert sind, sollte die DIN 8581-1 Einfache Sprache Erwähnung finden. Dann müsste der Weg frei sein, die Normen kostenfrei zu erhalten.

Zur Erklärung DIN ISO 24495-1 und DIN 8581-1

Das Norm-Werk für die Einfache Sprache besteht aus zwei Teilen: Die DIN ISO 24495-1 enthält die Grundlinien und Leitlinie“. Diese ist von einem internationalen Fachgremium erstellt und als ISO 24495-1 veröffentlicht worden. ISO ist die International Organization for Standardization mit Sitz in Genf. Die DIN ISO ist die autorisierte deutsche Übersetzung und wurde vor wenigen Wochen veröffentlicht und ist im Beuth Verlag erhältlich.

Die DIN 8581-1 geht auf die speziellen Anforderungen der deutschen Sprache ein. Sie ist ebenso für Österreich und Deutschland relevant.


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Kommentare

2 Antworten zu „DIN Einfache Sprache muss kostenfrei werden“

  1. Avatar von Steffen Zimmermann

    Das betrifft ALLE DIN-Normenblätter zu jeglicher Form von Barrierefreiheit. Es ist unfassbar, wie teuer die PDFs verkauft werden, die eine verpflichtende Norm beschreiben (zB. bauen) oder gemeinnützig sind oder sein sollten. Wir erleben oft, dass sich die ausführenden Gewerke diese Ausgaben nicht leisten wollen und dann nach eigener „Fantasie“ arbeiten.

    1. Avatar von Uwe Roth, Journalist

      Hallo Herr Zimmermann,
      ich kann Ihnen nur beipflichten. In meinem Bereich arbeiten die meisten als Solo-selbständige mit kleinem Budget. Ich habe an der DIN ISO Einfache Sprache in der Schlussredaktion sogar mitgearbeitet und soll mein Belegexemplar trotz selbst bezahlen.

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