Das Barockschloss Ludwigsburg hat im Jahr über 300.000 Besucher. Foto: Uwe Roth

Einfache Sprache und Tourismus

Lesedauer 3 Minuten

Museen stellen ausländischen Besuchern Audio-Guides in verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Das gilt auch für Stadtführungen und andere touristische Angebote einer Stadt. Mancher Gast spricht aber ein wenig Deutsch. Warum wird ihm keine Version in Einfacher Sprache angeboten? Warum bietet ihm das Museum oder die Stadt nicht eine Führung in Einfacher Sprache an? Einfache Sprache und Tourismus sind für ausländische Besucher ein Thema.

Angebote in Einfacher Sprache helfen ihnen, nicht nur die Inhalte einer Ausstellung oder Führung besser zu verstehen, sondern darüber hinaus ihre Kenntnisse der deutschen Sprache zu verbessern. Grundsätzlich sollte es im Sprachangebot zusätzlich eine englische Sprachversion in Einfacher Sprache (Plain Language) geben.

Was tun, wenn es keinen Guide in Muttersprache gibt?

Wer keinen Audio-Guide in seiner Muttersprache ausleihen, oder wen ihm ansonsten keine Informationen in seiner Muttersprache angeboten werden, greift zwangsläufig auf Englisch zurück. Die meisten haben das mal in der Schule gelernt.

Ich habe da meine eigenen Erfahrung gemacht. Letztens war ich in Prag. In den Museen beschränkten sich die Beschreibungen auf Tschechisch und Englisch. Tschechisch geht für mich gar nicht. Doch mit den Englischtexten hatte ich genauso meine Probleme, obwohl mein Englisch gar nicht so schlecht ist. Doch die englischsprachigen Informationen waren jedes Mal in einer Fachsprache verfasst. Sie waren gespickt mit Fachbegriffen, die weder in der Muttersprache und erst recht nicht in der gelernten Fremdsprache Umgangsbegriffe sind.

Wie wichtig Einfache Sprache ist, spürt man im Ausland

Die Übersetzer hielten sich streng an die Vorlage, die in Wissenschaftssprache angelegt war. Ein Akademiker übersetzt einen Akademiker. Dieses Englisch ist weit von dem entfernt, was man sich so an Sprachkompetenz bewahrt, um sich in einem fremden Land problemlos im Hotel einchecken zu können oder um eine Bestellung aufzugeben. Ich habe mir sehr gewünscht, die Museen hätte mir Informationen in Plain English (Englisch in Einfacher Sprache) angeboten.

Ich gehe davon aus, dass es einen solchen Anspruch ausländischer Besucher auch an deutsche Museen und Touristikbüros gibt. Es muss ja nicht so weit gehen wie in Neuschwanstein. Dort ist in den Souvenirshops die Umgangssprache inzwischen Chinesisch. Sogar die Verkäufer stammen aus Asien. In den Auslagen wird nur noch die Preisauszeichnung in Euro verstanden.

Worin unterscheidet sich die Integration von der Inklusion?

Es ist sowieso schwer, in bestimmten Bereichen zwischen „Inklusion“ und „Integration“ zu unterscheiden. In Bezug auf barrierefreie Kommunikation ist meines Erachtens eine solche Unterscheidung unnötig. Letztlich geht es darum, Menschen mit einer Leseschwäche verständlich zu informieren. Wie ich in anderen Blogbeiträgen betone, bevorzuge ich die Einfache Sprache, die sich flexibel an das Sprachverständnis der Zielgruppe anpassen lässt.

Insgesamt fehlt es der Einfachen Sprache als alternative Sprache in touristischen Angeboten aber noch weitgehend an Akzeptanz. Als ich einen Schlossverwalter ansprach, ob er nicht eine Führung in Einfacher Sprache anbieten wolle, erhielt ich zur Antwort: „Wir haben doch schon sprachengerechte Führungen für Kinder im Angebot.“

Einfache Sprache heißt nicht Schreiben für Leser mit IQ unter 50

Einfache Sprache wird fast ausschließlich auf Menschen mit einer mentalen Behinderung bezogen. Nach dem Motto, die haben ein kindliches Gemüt, deswegen sind kindgerecht aufbereitete Themen voll in Ordnung. Aber Einfache Sprache heißt nicht Schreiben für Leser mit IQ unter 50 (Mittelgradige Intelligenzminderung). Wie ich in meinem Betrag über Einfache Sprache im Museum zeige, richten sich so formulierte Informationen an alle Besucher.

So schnell wird Einfache Sprache ihren Ruf wohl nicht los, ein Zugeständnis an eine sehr kleine Zielgruppe zu sein, die in einem Kommunikationskonzept allenfalls eine Randrolle hat. Die Veranstalter der Bundesgartenschau in Heilbronn, die Mitte April 2019 beginnt, hatten sich vorgenommen, das Gelände nicht nur für Köperbehinderte barrierefrei zu gestalten, sondern auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten/geistiger Behinderung. Doch auf der Internetseite ist das Informationsangebot in Leichter Sprache fast nicht zu finden. Wer lange genug sucht, stößt auf die Ankündigung, dass es Führungen in Leichter Sprache geben soll.

Broschüre „Das inklusive Museum“

Der Deutsche Museumsbund hat 2013 die Broschüre „Das inklusive Museum – Ein Leitfaden zu Barrierefreiheit und Inklusion“ herausgegeben. Das Inklusive bezieht sich auf Menschen mit Behinderungen. Die Autoren erwähnen ausschließlich die Leichte Sprache und das dazugehörige Regelwerk. Es ist kein allgemeiner Ansatz. An ausländische Besucher, Migranten oder gar an eine Bevölkerung mit schwindender Lesekompetenz wurde in den vorbereitenden Workshops damals nicht gedacht. Eventuell war das Jahr 2013 dafür auch noch zu früh.


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